Der Islam behauptet: Die Bibel ist verfälscht

In seinem Buch ”The Light” schreibt al-Haj Sultan Hafiz Abdul (1972) im Vorwort (Seite XI), dass er hoffe

”entsprechendes, nicht-muslimisches Material heranziehen zu können, in dem das Für und Wider der christlichen Vorstellung über den Ursprung der Sünde, über die angebliche Gottessohnschaft Jesu Christi, die These von der Kreuzigung des Messias, die Lehre von der Erlösung des Menschen durch Jesus Christus und viele andere drängende und fragwürdige Streitpunkte zum Ausdruck kommen.”

Muslimische Behauptungen

Behauptungen dieser Art finden sich zu Hunderten in der islamischen Polemik. Wenn wir die vielen individuellen Anklagen gegen die Bibel und ihren Inhalt analysieren, können wir fünf Grundsatzaussagen der Bibel identifizieren.

  1. das Wesen Gottes, die Dreieinigkeit,
  2. die Gottessohnschaft Jesu,
  3. seine Kreuzigung,
  4. die Sündhaftigkeit des Menschen und
  5. das Gnadenangebot Gottes

Diese werden wir etwas später ausführlicher untersuchen.

Vorher wollen wir noch kurz eine Reihe von Diskrepanzen zwischen Bibel und Koran anschauen, die zwar keine grossen dogmatischen Aussagen machen, doch Aufschluss geben über die Geschichtlichkeit und somit Vertrauenswürdigkeit des Koran. Hier einige davon:

Noah entkam der Sintflut; aber sein (einzig erwähnter) Sohn ertrank nach der Darstellung des Koran (Sure 11:43-47). Die Familie Noahs wird zwar anderswo (Suren 21:77 und 23:28) erwähnt, doch muss man aus dem breiten Kontext des Koran schliessen, dass es sich um (70) Gläubige handelt, die mit Noah gerettet wurden. Nach dem biblischen Bericht wurde Noah mit seiner Frau und seinen drei Söhnen sowie deren Frauen gerettet (1 Mo 6:8,13,18).

Nach dem Koran sagte der Engel, der die Geburt Johannes des Täufersankündigte: ”Wir verkünden dir einen Jungen mit Namen Johannes (Yahya), wie wir vor ihm noch keinen genannt haben” (Sure 19:8). Dies ist nach der Bibel (Lk 1:5-25) falsch. Johanan, die hebräische Form von Johannes (Gottes Gabe), war ein Name, der schon im Alten Testament weitgehend gebraucht wurde.

Abraham war nach Sure 6:75 der Sohn von Asar, nach 1. Mose 11:27 jedoch der Sohn von Terach. Hier stellt sich die Frage,wer wohl einen Namen aus der frühen Geschichte aufs Geradewohl verändern wollte und warum? Es handelt sich also klar um einen Informationsfehler im Koran. Wir müssen hier vielleicht auch nachfragen, ob Asar von Eliëser abgeleitet wurde? Dieser wird in 1. Mose 15:2 als Knecht Abrahams erwähnt.

Andere kontroverse Aussagen finden wir in den Berichten über Mose. Es wird uns richtig gesagt, dass Amram der Vater von Mose, Aaron und Mirjam ist (Sure 19:29; 66:13; 20:26-31). Aber dass diese Mirjam (oder Maria) die Mutter Jesu sein soll (die 1500 Jahre später gelebt hat!), ist doch recht unwahrscheinlich. Der Text lässt sich wohl auch kaum anders interpretieren: ”Sie kam nun mit dem Kind (Jesus) in ihren Armen zu ihrem Volke, welches sagte: ’O Maria, du hast eine sonderbare Tat begangen! O Schwester Aarons, dein Vater war wahrlich kein schlechter Mann, und auch deine Mutter war keine Dirne’” (Sure Maryam, 19:28-29).

Es dreht sich hier ganz offensichtlich um Lücken in der Bibelkenntnis des Koranautors.

Dass Moses von Pharaos Frau (Sure 28:10) adoptiert wurde, steht im Kontrast zu 2. Mose 2:10, wo es heißt, dass dieser durch Pharaos Tochter adoptiert wurde (sonst wäre er ja ebenfalls von Pharao selbst adoptiert worden).

Moses’ Frau - aus dem Textzusammenhang (Sure 28:23-29) entnehmen wir, dass es sich um Zipporah, eine Tochter des Reguel, handeln muss - wurde Moses als Belohnung für acht bis zehn Jahre Dienst gegeben. Dieser Bericht (2 Mo 2:16-22) verwechselte wohl Moses mit Jakob, denn es war dieser (1. Mose 29:18) der sich verpflichtet hatte, Laban sieben Jahre für Rahel zu dienen. Das war allerdings 220 Jahre vor der Zeit des Mose. Wieder sind wir geneigt zu fragen, was einen Menschen wohl dazu veranlasst haben könnte, das biblische Wort in einem historischen Bericht, wie diesem, zu verfälschen.

Ähnlich steht es um die Aussage des Koran, Haman sei ein Knecht Pharao’s gewesen. ”Lass mir, O Haman, Lehm für Ziegelsteine brennen und baue mir rinen hohen Turm, damit ich einmal hinaufsteige zu dem Gott des Moses” (Sure 28:39).

Bei dieser Geschichte denken wir natürlich sofort an den Turmbau zu Babel, wie er in der Bibel berichtet wird. Aber dieser Turmbau (1. Mose 11) geschah 750 Jahre vor der Zeit des Pharao. Haman (erwähnt im Buch Esther) lebte 1100 Jahre nach der Zeit des Pharao. Diese Leute passen also ebenfalls chronologisch nicht zusammen.

Muslime glauben auch, dass Ismael der Sohn war, der von Abraham auf dem Altar geopfert werden sollte.

Gründe für diese Diskrepanzen

Trotz gewisser Ähnlichkeiten in der Thematik, Geschichte und den darin erwähnten Personen, un­terscheiden sich Bibel und Koran doch in vielen grundlegenden Aussagen des Glaubens und der Religionsausübung erheblich. Mindestens zwei Gründe sind dafür anzuführen:

  1. Die Bibel und der Koran stammen nicht aus der gleichen Quelle, d.h. die Bibel oder der Koran oder beide haben einen menschlichen oder gar okkulten Ursprung.
  2. Die Bibel oder der Koran oder beide sind gefälscht worden.

In solchem Fall enthält eins der beiden Bücher, oder beide, Irrtümer. Sie können deshalb nicht als zuverlässig oder glaubwürdig betrachtet werden. Muslime wie Christen sind natürlich absolut von der totalen Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und von dem göttlichen Ursprung ihres jeweiligen Buches über­zeugt. Eins (wenn nicht sogar beide) muss falsch sein. Dann würden viele Millionen von Nachfolgern des betreffenden Glaubens ihre ewige Hoffnung auf Irrtum oder Täuschung gründen. Vertreter beider Glaubensrichtungen versuchen zwar ihren Standpunkt zu begründen, da aber beide von einer festen Überzeugung ausgehen, ist die Objektivität stark einge­schränkt.

Da die Bibel und der Koran in Grundsatzaussagen differieren, ist der Versuch unumgänglich, den wahrhaftig offenbarten Text zu ermitteln.

Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, stellt der Koran wieder­holt und mit Bestimmtheit fest, dass die Thora, das Evange­lium und der Koran Offenbarungen dessel­ben Gottes sind.

Und weil, nach dem Koran, Gott sein Wort nicht ändern kann (Sure 6:35; 10:65; siehe auch Hebr 13:8) sind sich widersprechende Aussagen von ihm her nicht denkbar und müssen darum einen menschlichen Ursprung haben.

Eine Bestätigung der wirklich offenbarten Texte wäre erfolgreich, wenn der Erweis erbracht werden könnte, dass eine Änderung in der Botschaft der Bibel durch Juden und/oder Christen vorgenommen wurde. Ebenso aber, wenn der Erweis erbracht werden würde, dass der Koran auf einer falschen oder mangelhaften Kenntnis der ‘früheren Offenba­rung' beruht. Dabei müssen wir von der Voraussetzung ausgehen dass Gott durch seine Propheten nie widersprüchlichen Aussagen macht (Sure 5:49).

Es sind Textvarianten dieser Art, die es für den Islam unumgänglich machen, Juden und Christen der Bibelverfälschung zu bezichtigen. Nur damit können sie erhoffen, die Glaubwürdigkeit des Koran zu erhalten. Wir müssen leider annehmen, dass diese Notwendigkeit der eigentliche Beweggrund für die islamischen Angriffe auf die Bibel darstellt.

Letztendlich steht nur eine Frage offen: Zeigt uns die Bibel oder der Koran den Weg zu Gott? Da die Antwort darauf Ewigkeitswert hat, müssen wir uns dieser Frage offen und ehrlich stellen.

Die Grundlage für den Vorwurf der Bibelverfälschung

Der Koran geht von der Voraussetzung aus, dass Gott sein ewig bestehendes Wort von Zeit zu Zeit verschiedenen Völkern offenbarte. Spezifisch erwähnt wird im Koran aber nur die Bibel, genauer gesagt die Thora, die Psalmen, was “den (anderen) Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde”, das Evangelium, und der Koran. Dieser setzt weitgehend voraus, dass die Bibel und der Koran inhaltlich gleich seien. In Sure 46:13 lesen wir beispielsweise: “Dem Moses [wurde] die Schrift (d.h. die Thora) ein Vorbild und (Erweis der göttlichen) Barmherzigkeit. Und nun bestätigt dieses Buch (d.h. der Koran) in arabischer Sprache…“.

Erst zu einem späteren Zeitpunkt, als muslimische Gelehrte begannnen, in der Bibel zu lesen, wurde ihnen die Diskrepanz bewusst. Der Anlass, die Bibel zu studieren, ist interessant.

Der Koran sagt nämlich: “Jesus, der Sohn der Maria, sagte: ‘O ihr Kinder Israels, wahrlich, ich bin ein Gesandter Allahs, der die Thora bestätigt, welche ihr breits von mir erhieltet, und ich bringe frohe Botschaft über einen Gesandten, der nach mir kommen und dessen Name Ahmed sein wird’”. Der Name Ahmed hat die gleiche Bedeutung, wie Muhammad: der Gelobte, Gepriesene, heisst es in der Fussnote dazu (Konarübersetzung von L. Ullmann, 1959, Goldmann Verlag). Dieser Text gibt den Anschein, dass das Kommen Muhammads von Jesus in den Evangelien vorausgesagt worden sei, was natürlich nicht der Fall ist.

Bei der Suche nach dieser Stelle, müssen die islamischen Theologen sicher schon frühzeitig auf all die Diskrepanzen gestossen sein, die ein Vergleich der beiden Bücher mit sich bringen muss. In der Frühzeit des Islam ging man aber trotzdem davon aus, dass die Bibel Gotteswort sei.

Im 11. Jahrhundert wurde zum ersten Mal eine Begründung der Differenzen in den Büchern gegeben. Im islamischen Cordoba (Spanien) stellte ibn Khazm, der den Süden des Landes als Wesir regierte, in seinem Buch ’Eine Kritik der Religionsgeschichte’ die Behauptung auf, dass die inhaltlichen Abweichungen der Bibel vom Koran darauf zurückgeführt werden müssen, dass der Text der Bibel verfälscht worden sei. Das bewegte Allah dazu, eine letzte Offenbarung zu senden, um den ursprünglichen Text noch einmal unverfälscht, gleichsam als Korrektiv, zu senden.

Was Muslime über die Bibel denken

Es gibt heute eine Menge mehr oder weniger aggressiver Schriften, die alle das gleiche Ziel verfolgen und den gleichen Genre haben, nämlich die Bibel unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Man gewinnt unwillkürlich den Eindruck, dass dies Muslimen gleichsam als ‘Schutz’ dienen sollen, damit sie ja der biblischen Offenbarung keinen Glauben schenken.

Mögen die folgenden Argumente, Fragen und Zitate, die dem Buch ‘The Bible - Word of God or Word of Man?‘ von A. S. K. Joommal entnommen sind, das beispielhaft darstellen.

Im Vorwort wird der Autor vorgestellt:

“Er ist ein Verteidiger des Islam gegen niederträchtige Verleumdungen und ein Repräsentant der islamischen Lehre“ und “einer der wenigen originellen schöpferischen Denker Südafrikas“.

Mit “der niederträchtigen Verleumdung des Islams“, kann, wenn man von der allgemeinen Polemik ausgeht, nur die Bibel gemeint sein. In seiner Kritik folgt Joommal den Leitlinien der liberalen ‘christlichen Theologie‘, die ihn zweifellos mit der nötigen Munition versorgte. Er geht irrtümlicherweise davon aus, dass das Offenbarungsverständnis der Bibel identisch mit dem islamischen Konzept (‘nasil‘) sei. Das wird im folgenden Satz deutlich:

“Wenn man eine Sammlung jedes einzelnen Wortes, Gebotes, Verbotes, jeder Satzung, Zensur oder einer anderen Lehre des Meisters (Jesu) wortgetreu in ihrer alten Reinheit, in der ursprünglichen aramäischen Sprache, wiederherstellte, würde dies zweifellos das wahre Wort Gottes oder die Bibel darstellen. Die große Frage ist die: Existiert diese Bibel? Die Antwort lautet: Nein, wie jeder gelehrte Forscher der Bibel weiß.“

Diese Frage wurde von Muhammad, wenn auch nur bezüglich des Alten Testamentes, anders beantwortet. In einer Hadithe von Abu Dawud, zurückgeführt auf Abdullah ibn Umar, wird Muhammad’s Besuch in der ‘Judenschule‘ (sprich Synagoge) zu Quff geschildert. In dem Gespräch sagte Muhammad: “‘Bring mir die Thora!‘ Sie wurde ihm gebracht. Dann stand er auf von dem Kissen, auf dem er sass, legte die Thora darauf und sprach: ‘Ich glaube an dich und an den, der dich offenbarte‘.“ Auch gegen das Neue Testament hat der Koran übrigens keine negativen Aussagen gemacht. Dass seit der Zeit Muhammad’s die Bibel in ihrem Inhalt in keiner Weise verändert worden ist, kann geschichtlich nachgewiesen werden.

Nun heisst es bei Joommal weiter:

“Das, was einmal Wort Gottes war, wurde durch Menschenhand so verfälscht, daß das Wort Gottes kaum vom Menschenwort unterschieden werden kann. In einigen Stellen finden wir noch einen Schimmer der Wahrheit, die Jesus gelehrt hat - die Perlen göttlicher Weisheit, die er zum Heil seines Volkes ausgesprochen hat - aber sie sind sehr rar und versteckt im Gestrüpp von Einschüben und Widersprüchen, mit denen die Bibel gespickt ist ... Das Christentum, wie wir alle wissen, gründet sich auf blinden Glauben, wo vernünftiges Denken keinen Platz hat ... Es wird von den meisten Leuten, die der hebräischen Sprache mächtig sind, eingeräumt, dass die gegenwärtige [englische] Ausgabe des Alten Testamentes mindestens 100000 Irrtümer enthält. (Dies würde sich auf annähernd drei Fehler in jedem Vers belaufen. Anm. des Verf.). ... Man weiß auch nicht genau, wer tatsächlich die Bücher des Alten Testamentes geschrieben hat ... Die Christen selbst sind sich uneinig, welche Bücher inspiriert wurden.“

Was der Koran über die Bibel aussagt

Wir kommen einfach ins Staunen, wenn wir dagegen lesen, was der Koran dazu zu sagen hat. Wir können obige Aussagen eigentlich nur verstehen, wenn wir an die Worte Søren Kierkegaard’s denken, der einmal sagte, dass Überzeugungen schlimmere Feinde der Wahrheit seien, als Lügen; und das mag sehr wohl wahr sein. Überzeugungen können die unmöglichsten Gründe haben. In unserem Fall muss man sicher davon ausgehen, dass dem Autor die Bekämpfung des christlichen Glaubens wichtiger war, als das, was er als Wahrheit aus der Offenbarung Allah’s hätte ansehen müssen. Überzeugungen können unaufrichtig und blind machen.

Es ist nun wichtig, dass jemand, der eine Behauptung aufstellt, diese auch belegt. Nun sollte man  voraussetzen können, dass Muslime glauben, was der Koran über die Bibel sagt. Und da das Vorurteil der Verfälschung der Bibel bei Muslimen allgemein vorherrscht, könnte man eigentlich erwarten, dass der Koran selbst die Bibel infrage stellt. Er tut aber genau das Gegenteil:

Wir glauben an Allah und an das, was er uns und was er Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und den Stämmen offenbarte, und an das, was Moses, Jesus und den (anderen) Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir kennen unter diesen keinen Unterschied.” (Sure 2:137)

“Mit den Schriftbesitzern [i.e. Juden und Christen] streitet nur auf die anständigste Weise, …. und sagt: Wir glauben an das, was uns, und das, was euch offenbart worden ist. Allah, unser Gott und euer Gott, ist nur einer, und wir sind ihm ganz ergeben” (Sure 29: 47).

“O ihr Schriftbesitzer, ihr gründet euch auf nichts, bis ihr die Thora und das Evangelium beachtet, und was euch sonst von eurem Herrn offenbart worden ist” (Sure 5, 69).

Wir [i.e. Allah] haben die Thora offenbart, die Leitung und Licht enthält... Wir haben Jesus, den Sohn der Maria, den Fußstapfen der Propheten folgen lassen, die Thora bestätigend, welche in ihren Händen war, und gaben ihm das Evangelium, das Leitung und Licht und Bestätigung der Thora enthält…. “.

(Sure 5: 45-47)

Er [i.e. Allah] offenbarte schon vorher die Thora und das Evangelium als Richtschnur für die Menschheit…” (Sure 3,4).

“Wer hat denn das Buch offenbart, welches Mose als Licht und Leitung den Menschen gebracht hat? …. Sprich: ‘Allah!’” (Sure 6:92).

Die Behauptungen islamischer Theologen über die Verfälschung der Bibel widersprechen dem Koran

Wer diese Aussagen liesst, kann nicht ersthaft und mit Überzeugung behaupten, dass der Koran die Bibel, wie sie zur Zeit Muhammads und in seinem Kontext existierte, infrage stellt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Jahrhunderte vor der Zeit des Islam, ein einheitlicher Kanon der Bibel existierte, und dass damals, wie jetzt, nichts verändert, verfälscht oder verdreht werden konnte. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass Muhammad Zugang zu einer arabischen Bibel hatte. Man muss daher annehmen, dass er sie nur vom Hörensagen kannte.

Nun sagt der Koran nicht nur, dass durch ihn die Bibel bestätigt wird, sondern auch, dass Muhammad als deren Wächter eingesetzt worden ist:

Dieser Koran ….. bestätigt das, was vor ihm offenbart wurde”. (Sure 10: 38).

“Wir haben nunmehr dir das Buch [i.e. den Koran] in Wahrheit offenbart, die früheren Schriften in ihren Händen bestätigend, und dich [i.e. Muhammad] zum Wächter darüber eingesetzt”.

(Sure 5:49)

Und dann ermuntert der Koran:

Bringt die Thora und lest sie, wenn ihr wahrhaftig seid” (Sure 3:94)

Wir finden nun aber, dass der Koran die Bibel  inhaltlich in sehr vielen Punkten gar nicht bestätigt. Zwar finden wir ein Durcheinander von biblischen, vor allem alttestamentlichen Geschichten im Koran, die aber oft falsch verstanden wiedergegeben werden. Theologisch muss man einfach davon ausgehen, dass der Koran der Bibel widerspricht. Wir werden das später belegen.

Wäre, darüber hinaus, Allah‘s Aufforderung an die Muslime in der Thora zu lesen, denkbar gewesen, wenn die Thora verfälscht gewesen wäre?

Bezeichnend ist auch, dass der Koran Muhammad anrät, die Juden und Christen als Ratgeber zu konsultieren:

“Bist du im Zweifel über etwas, was wir dir jetzt offenbart haben, so frage nur die, welche die Schrift vor dir gelesen haben (kannten)” (Sure 10:95)

Dieser Vers richtet sich an Muhammad und fordert ihn auf, die ‘Schriftbesitzer’, d.h. die Juden und Christen, zu befragen. Sollte Allah das anraten, wenn diese eine verfälschte Schrift gehabt hätten?

All das sagt unmissverständlich aus, dass die biblischen Texte zu jener Zeit auch aus koranischer Sicht unverfälscht waren. Nun bringen aber einige islamische Polemiker ein Gegenargument, indem sie eine weitere Koranstelle anführen:

“Viele von ihnen [i.e. Juden] lesen ihre Verfälschungen so aus der Schrift [i.e. dem Alten Testament] vor, dass ihr [i.e. Muslime] glauben sollt, es sei so in der Schrift enthalten. So steht es aber nicht darin.” (Sure 3:79)

Hier wird auf ‘Verfälschungen’ hingewiesen, doch geflissendlich übersehen, dass diese falsch aus der richtigen Schrift vorgelesen wurden und somit die Verlässlichkeit der Bibel nur noch bestärken.

Es ist offensichtlich, dass diese Anklage gegen Juden und Christen nicht darin besteht, dass sie die Heilige Schrift verfälscht hätten, sondern darin, dass sie diese missdeutet hatten.

Fazit

Kategorisch wollen wir noch einmal feststellen, dass der Koran die Bibel (d.h. die Torah, das Evangelium “und was euch sonst von eurem Herrn offenbart worden ist”, Sure 2:137) als von Gott gegeben, also als Gottes Wort, anerkennt und ihr nirgendwo Verfälschungen unterstellt.

Der Koran, die höchste Autorität der Muslime, hat also die Bibel als Gotteswort bestätigt, was von quasi allen frühen islamischen Theologen bestätigt wurde. Und dazu sagt der Koran :

“Niemand kann die Worte Allahs verändern!” (Suren 6:34 und 10:64).

Wir müssen fest darauf bestehen, dass sich die Behauptung, die Bibel sei verfälscht, gegen die Aussagen des Koran stellt und somit für einen ehrlichen Muslim kein Argument darstellen darf. Und das sollte das Ende aller Polemik darüber sein!

Wurde die Bibel wirklich verfälscht?

Den Vorwurf einer bewussten Änderung des Textes der Heiligen Schrift, der von vielen Muslimen  erhoben wird, nennt man in islamischer Fachsprache  ‘tahrif-i-lafzi‘. Sicher ist es vielen unbekannt, dass im frühen Islam Theologen offen zugaben, dass ein solches Vergehen weder Juden noch Christen nachgewiesen werden kann.

Ibn Ishaq (85-151 nach der Hedschra), der älteste Chronist des Islam, der eine Biographie Muhammad’s zusammengestellt hatte, berichtete darin über das “von Allah geoffenbarte Evangelium nach der Abschrift, die der Jünger Johannes zu Lebzeiten Jesu vom Evangelium angefertigt hatte…“ (Siratu`l Rasool, Vers 149). Daraus geht hervor, dass der Apostel Johannes das Evangelium aufgeschrieben hatte, was dem islamische Denken, dass das Evangelium Jesus gegeben wurde, widerspricht. Nirgends wird die Echtheit und Reinheit des Berichtes des Johannes von dem Chronisten infrage gestellt.

Sir Sayyid Ahmed Khan (1817-98, Delhi, Gründer des bekannten Aligarh College), jemand, den man vielleicht als liberal eingestufen kann, der aber ein geschätzter Gelehrter war und der auch das Aligarh College in Indien gegründet hat, schrieb: “Unserer Meinung nach …. ist es nicht erwiesen, dass Textverfälschungen (tahrif-i-lafzi) vorgenommen wurden.“ Sir Sayyid zitiert den eminenten Imam und Hadithensammler al-Bukhari: “Es gibt keinen Menschen, der auch nur ein einziges Wort ändern könnte, das seinen Ursprung in Gott hat. Das bedeutet, dass die Juden und Christen die Worte Gottes zwar falsch interpretieren, aber nicht ändern konnten“. Ebenso verweist er auf eine Aussage von Fakhruddin Razi (1150 – 1210 n. Chr.), der, unter   Berufung auf Ibn Abbas, einem Neffen Mohammeds, sagte, dass zwar “die Juden und die ersten Christen verdächtigt werden, den Text der Taurat (Torah) und das Injil (Evangelium) verändert zu haben; aber es nach Meinung bedeutender Gelehrter und Theologen ein unweiser Pragmatismus gewesen wäre, einen Text zu verändern, der allgemein bekannt und weit verbreitet war und von Generation zu Generation weitergereicht worden war.“ (L. Bevan Jones, ‘Christianity Explained to Muslims‘ Baptist Mission Press, Calcutta, 1937/1964 Seiten 7-9).

Wer hat die Bibel wann und wo geändert?

Wenn die Behauptung einer Bibelverfälschung aufgestellt wird, dann muss man diese, wenn man integer ist, auch belegen. Wie wir schon sahen, zeugt sogar der Koran davon, dass die Thora und das Evangelium zur Zeit Mohammeds existierten und als Gottes Wort anerkannt wurden. Es ist völlig ausgeschlossen, dass die Bibel zu einem späteren Zeitpunkt noch geändert werden konnte.

Um die Anklage einer Verfälschung aufrecht erhalten zu können, müssten Muslime nachweisen können, wer welche Schriftstellen wann verändert hat, oder zumindest, dass man einen vergleichbaren Text vorweisen kann, aus dem hervorgeht, dass eine Fälschung stattgefunden hat. Da es so etwas nicht gibt, müssen wir diese Diskussion als pragmatische Polemik ablehnen.

Wer hätte wohl Interesse daran, die Bibel ändern?

Darüber hinaus, wer hätte wohl ein Interesse daran oder die Möglichkeit gehabt – oder hätte sie heute – die Bibel zu ändern? Christen und Juden ganz bestimmt nicht! Heisst es doch in der Bibel:

“Ihr sollt nichts dazutun zu dem, was ich euch gebiete, und sollt auch nicht davontun, auf dass ihr bewahrt die Gebote des HERRn, eures Gottes, die ich euch gebiete,“ (5. Mose 4:2) und “wenn jemand etwas hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen zufügen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens …“ (Offenb. 22:18-19.

Aber auch logistisch wäre es unmöglich gewesen, eine Schrift, die schon im ersten Jahrhundert weit verbreitet war, zu einem späteren Zeitpunkt in allen vorhandenen Manuskripten zu ändern.